[PLing] INFO: Neue Version der DIN 1460-1 »Umschrift kyrillischer Alphabete slawischer Sprachen«

Stefan Michael Newerkla stefan.newerkla at univie.ac.at
Wed Mar 17 23:56:19 CET 2021


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor einigen Tagen ist die neue Version der *DIN 1460-1* 
*»Umschrift****kyrillischer Alphabete slawischer Sprachen«*, an der ich 
ja als Vertreter der Slavistik mitgearbeitet hatte, offiziell erschienen:
*https://www.din.de/de/wdc-beuth:din21:331987725*

Da man für den Originaltext der Norm 63,90 € bezahlen muss, will ich 
hier die wichtigsten Änderungen gegenüber der alten DIN 1460-1 von 1982 
zusammenfassen:

• Die Einbeziehung von Unicode hat es ermöglicht, für ъ und ь die 
Transliteration mit ʺ (U+02BA) bzw. ʹ (U+02B9) festzulegen. Da diese 
Zeichen sich graphisch vom Apostroph unterscheiden, kann der Apostroph 
(im Ukrainischen, Weißrussischen und Makedonischen, aber auch im 
Russischen, wo er bisher gar nicht eindeutig transliteriert werden 
konnte) als Apostroph übernommen werden:
ukr. п’ять → p’jatʹ (statt bisher p”jat’)
bel. аб’яднаць → ab’jadnacʹ (statt bisher ab”jadnac’)
mak. ’рт → ’rt (statt bisher unnötigerweise ”rt)
rus. Д’Артаньян → D’Artanʹjan (bisher D’Artan’jan [= ДьАртаньян] oder 
D”Artan’jan [= ДъАртаньян])
[Tastaturbelegungen, über die ʹ und ʺ direkt eingegeben werden können, 
gibt es z.B.:
– für Windows unter https://uni.koeln/86DZV#c197314 (AltGr + # → ʹ, 
Shift + AltGr + # → ʺ)
– für Mac unter http://www.maccampus.de/Fonts/DeutschCE-Tastatur.htm (⌥ 
+ ´ → ʹ, Shift + ⌥ + ´ → ʺ).]

• Für Texte in alter Orthographie (vor 1917/18) wurde die Regel, dass 
man vor dem Transliterieren in neue Rechtschreibung ›übersetzen‹ soll, 
abgeschafft, d.h. man gibt ѣ mit ě, ѳ mit ḟ, і mit ï und ѵ mit ẏ wieder, 
nur das ъ am Wortende lässt man weg (also z.B. міръ → mïr ≠ миръ → mir).

• Die Transliteration für das Russinische wurde dem wissenschaftlichen 
Usus angepasst. (In der Version von 1982 war hier wohl das System der 
jugoslavischen Bibliotheken übernommen worden, mit є → ė, х → h, г → g, 
ґ → ġ und ohne Transliteration für nord-russinische Buchstaben wie ы 
oder ё.) Demnach wird, basierend auf der ukrainischen Transliteration, 
u. a. и mit y, і mit i und ы mit ŷ transliteriert. Nur im 
Süd-Russinischen, wo es і und ы ja nicht gibt, wird и mit i wiedergegeben.

• Erstmals wird jetzt die Transliteration für das Kirchenslavische 
geregelt, was theoretisch u.a. zu einer berechenbareren Aufnahme 
kirchenslavischer Titel in Katalogen führen sollte. Die Norm entspricht 
im Großen und Ganzen unserem bisherigen Usus in der Wissenschaft. Die 
reduzierten Vokale bleiben als ъ und ь unverändert, ѕ → dz, ­‍ꙉ → ǵ, ѡ → 
ō, ѣ → ě, ѧ → ę, ѫ → ǫ, ѯ → ẋ, ѳ → ḟ, ѵ → ẏ. Da die Transliteration aber 
für alle Varietäten des Kirchenslavischen funktionieren soll, wird щ 
einheitlich mit ŝ wiedergegeben, was nebenbei den Vorteil hat, dass man 
ŝ für щ von št für шт unterscheiden kann. Um auch ѱ von пс unterscheiden 
zu können, wird ѱ mit ṗs transliteriert.
• Für bulgarisch und makedonisch ѝ und ѐ, die bisher gar nicht vorkamen, 
wird nun ì bzw. è als Transliteration festgelegt.

• Damit man auch Bulgarisch in alter Orthographie (vor 1945) eindeutig 
transliterieren kann, wurde für bulgarisch ѫ → ȧ festgelegt.

Auf der Grundlage der neuen DIN 1460-1 habe ich auch meine 
Transliterationstabelle überarbeitet:
http://transliteration.buncic.de/

Herzliche Grüße!

Daniel Bunčić

-- 
Prof. Dr. Daniel Bunčić
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E-Mail: daniel at buncic.de
Homepage: http://daniel.buncic.de/
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Academia: http://uni-koeln.academia.edu/buncic
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